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Over the hills and far away
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BSA Gold Star: Die Neuauflage des legendären Briten im MO Test

Das Empire schlägt zurück: Auch BSA steigt auf den Zug der britischen Motorrad-Renaissance auf und präsentiert die Neuauflage des legendärsten Modells, der Gold Star. Andreas Illig vom MO Motorrad Magazin hat das Schmuckstück getestet.

Fotos: BSA / Andreas Illig

Diesen Artikel findet ihr in voller Länge im Motorrad-Magazin MO 7-2023, erhältlich ab sofort im Zeitschriftenhandel. 
Alle Infos gibt es auch auf mo-web.de

Diese Geschichte kann nicht beginnen ohne einen Rückblick auf eines der großartigsten Kapitel der Motorradgeschichte. „Birmingham Small Arms“, BSA war 100 Jahre eine Festung der britischen Industrie. Gigantische Rüstungsaufträge machten es als Unternehmen so unantastbar wie die Kronjuwelen. Als BSA 1910 sein erstes Motorrad präsentierte, war die Firma schon gut 50 Jahre alt. 

In den 1930er Jahren wuchs sie zum größten Motorradhersteller weltweit und rühmte sich, dass jedes vierte verkaufte Motorrad ein BSA Logo trug. Den Erfolg brachten solide Brot-und-Butter-Motorräder, gebaut mit dem Anspruch, beste Qualität und attraktive Preise zu vereinen. Fassungslos war die gesamte Nation, als 1973 das endgültige Aus der Firma verkündet werden musste. Der Niedergang kam schleichend, aber sicher. 

Die Frage nach dem Warum ist müßig und hinterher wussten es, wie so oft, alle besser. Sicher war, den Zug des technischen Fortschritts, der Innovation und der Kundenfokussierung hatte BSA verpasst. Ebenso sicher ist, als in der Armoury Road, der „Waffenfabrikstraße“, die letzte Gold Star vom Band lief, hatte BSA die Motorradwelt geprägt wie kaum ein anderes Unternehmen in Europa. Kaum jemand, zumindest in Großbritannien, war nicht irgendwann auf einer BSA zur Arbeit gefahren oder wurde damit zur Schule gefahren. Niemand, der nicht irgendwelche Erinnerungen mit der Marke verbinden konnte. Im Straßen-Rennsport, erst recht im Motocross und Geländesport, hatten Werks- und Privatfahrer auf BSA-Maschinen jahrzehntelang dominiert. Weltweit. Kein Rekord, kein Sieg, der nicht irgendwann auf einer BSA errungen wurde. Und doch war das Ende unausweichlich, als die  Geldgeber letztlich die weitere Unterstützung verweigerten.

Die Widerauferstehung nach 50 Jahren

„BSA ist back“ heißt es exakt 50 Jahre später. Was für eine Herausforderung, eine Marke mit solch ikonischer Vergangenheit wiederzubeleben. Jedenfalls braucht es dazu, wie man in England gerne sagt, verdammt „tiefe Taschen“, in anderen Worten erstmal Geld ohne Ende. Das kommt bei BSA, ebenso wie schon zuvor bei Norton oder Enfield, mittlerweile aus einem Land des ehemaligen Empires, aus Indien. Im Falle von BSA vom Fahrzeugriesen Mahindra, der sich über seine Tochterfirma „Classic Legends Pvt. Ltd.“ zum Ziel gesetzt hat, klassische Motorradmarken wieder zu neuem Glanz zu verhelfen. Dazu hat Mahindra schon einmal kräftig vorgelegt. Ein eigenes Entwicklungszentrum in England bündelt Projekt- und Designkompetenz. Beim Antrieb hatten die Inder mit Rotax einen bekannt starken Partner gefunden, und in Sachen Fertigung kann Mahindra ohnehin auf fast endlose Konzernkapazität zurück greifen. In Europa entwickelt, wird die Gold Star komplett in Indien gebaut. Marketing, Vertrieb und Serviceleistungen erfolgen europaweit über das bestens etablierte Netzwerk der Peugeot Motocycles S.L., an der Mahindra bis vor kurzem beteiligt war. 

Der Start in das neue BSA-Zeitalter soll mit dem einst legendärsten Modell der Marke gelingen, der Gold Star. Wer es seinerzeit schaffte, das Oval der berühmten Brooklands-Rennstrecke im Süden Englands mit einem Schnitt von 100 mph (160,9 km/h) oder mehr zu umrunden, erhielt als Anerkennung dieser Leistung die Plakette mit dem goldenen Stern, den „Goldstar“. So wurde aus dem biederen Großserienmodell, der erfolgreichen 500-ccm-Einzylinder „Sloper“, 1937 nach dem Rekord in Brooklands, die Gold Star. Ein Objekt der Begierde, nicht nur für Straßenfahrer, vor allem auch für unzählige Rennfahrer, ganz gleich, ob auf- oder abseits der Straße. Denn leistungssteigernde Tuningteile gab es ab Werk reichlich zu kaufen. Die BSA Gold Star war ein Traummotorrad. Schnell und elegant — dazu noch technisch sehr einfach beherrschbar.

Eleganz der 60er Jahre - mit Tribut an den Fortschritt der 2020er

Zumindest, was Eleganz und technische Beherrschbarkeit angeht, kann die neue Gold Star sicher mithalten. Schon auf den ersten Blick ist die Nähe zum Original frappierend. Die Linie stimmt. Bei genauem Hinsehen fallen die zahlreichen Designzitate auf, die liebevoll von der Gold Star der 60er Jahre übernommen wurden. Die Vorderradgabel mit den konischen Blechhülsen verkleidet, die Chromträger beiderseits des Hinterrads, die linksdrehenden Instrumente, das stilisierte Amperemeter im Lampentopf, das allerdings nur noch ein Display birgt und natürlich das dreidimensionale BSA-Logo im Originaldesign, das stolz am stilecht lackierten Blechtank glänzt. Wäre da nicht der etwas unförmige Wasserkühler zwischen den vorderen Rahmenunterzügen oder ein paar unschön exponierte Schläuche, würden die meisten Betrachter die Gold Star für einen echten Klassiker halten. 

Dabei ist der Motor ohnehin ein echter Klassiker. Er beruht auf dem BMW F 650-Einzylinder-Konzept, das erstmals 1991 präsentiert wurde. Eine bestens bewährte Konstruktion, die seinerzeit für BMW vom österreichischen Motorenspezialist Rotax entwickelt und  gebaut wurde. Für die Fertigung bei Mahindra hat Rotax den Grundmotor komplett überarbeitet, damit er aktuelle Abgasnormen erfüllt. Für den F 650-Motor hat sich BSA gezielt entschieden, sein Aufbau kommt dem Gold Star-Design stark entgegen. Mit gekonnt adaptierten Seitendeckeln und Abdeckungen ist es gelungen, die Form des Gold Star-Motors zu replizieren. 

Wenig überrascht, dass auch das Fahrgefühl auf Anhieb an die alten Engländer erinnert, sofern sie nicht mit Stummellenker im Cafe Racer Look daher kamen. Aufrecht und souverän thront der Fahrer auf dem Motorrad, den Blick voraus in die Ferne gerichtet. Dorthin, wo man auch die beiden Rundinstrumente erblickt, die ebenso weit weg erscheinen wie das Vorderrad. Und dennoch ist das Gefühl fürs Motorrad ein ganz unmittelbares. Der Fahrer bedient die pure Mechanik, so wie sie ist. Nichts scheint zu Komfortzwecken weich gewaschen. Alles funktioniert direkt, straff und oft auch etwas widerwillig. Das macht den Reiz des Klassikers aus. 

Und doch wird dem Fortschritt gebührend Tribut gezollt. Die Kupplungsbetätigung fordert nur geringe Handkraft, die ABS-Bremsen verzögern kraftvoll und sicher, die Bereifung hat reichlich Reserven, das Fahrwerk ist den meisten Straßen gewachsen und der Motor läuft so kultiviert, dass er nicht dauernd sämtliche Schrauben losschüttelt. In Sachen Leistung liegt er mit seinen 45 PS bei 6500 Umdrehungen auf dem Niveau des Vorbildes. Dass er sein einst derbes Einzylinder-Blubbern eingebüßt hat, ist eben das Zugeständnis an die Neuzeit.

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    Foto: BSA / Illig
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    Foto: BSA / Illig
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    Foto: BSA / Illig

Flottes Fazit - gerne mehr von BSA

Dennoch: Viel mehr Retro geht nicht. Die neue BSA Gold Star vereint authentisches Design mit überzeugendem Retro-Look sowie zuverlässige, zeitgemäße Technik mit sauberer Verarbeitung. Ein stilsicheres Zubehörprogramm, vom Gepäcksystem bis zur Bekleidung, hat BSA ebenfalls schon parat. Ein überzeugender Start in eine klassische Zukunft, der bald weitere BSA Modelle folgen sollen, auch solche von ganz moderner Prägung.

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