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Indian FTR 1200 R Carbon: Der Premium-V Twin von Indian Motorcycle im MO Test

Gute, wie ansehnliche Roadster im 1200-Kubik-Oberhaus gibt es in guter Auswahl. Dabei lohnt mehr denn je ein Blick auf das, was aus den Staaten kommt: Sportliche Coolness ohne Fettansatz und mit hohem Reifegrad. Indians FTR-Topeisen kann viel mehr als nur mit gefälligem Carbon glänzen.

Text: Thomas Kuttruf | Fotos: Edler Graphics

Diesen Artikel findet ihr in voller Länge im Motorrad-Magazin MO 8-2023, erhältlich ab sofort im Zeitschriftenhandel. 
Alle Infos gibt es auch auf mo-web.de

Geliebt wird die FTR von uns MO‘lern nicht nur, weil sie durchdringend gute Laune erzeugt, sobald der stattliche Twin im Arbeitstakt ist. Populär ist  das sportlichste Indian-Eisen auch wegen des außergewöhnlichen, charakterstarken Konzepts. Quasi aus dem Nichts wurde der Doppelrohr-Roadster in ein knüppelhartes Marktumfeld entlassen. Furchtlos stellt sich die FTR nun im vierten Jahr dem Establishment, und anstatt Prügel von Monster und Co dieser Welt zu beziehen, hämmert das US-Eisen unbeirrt durch Europa und zieht mehr und mehr Reiter ins Lager der steinalten, aber jung auftretenden Marke. Vorder- und Hinterrad im gängigen 17-Zoll-Maß. 

Ehrlicherweise haben wir die Augen erstmal zusammen gekniffen, als die erste Presseinfo zur 2023er FTR-Palette das Postfach erreichte. Mittlerweile gibt es die 1200er in vier Ausbaustufen. Von gut 14.000 Euro bis knapp unter die 19.000-Euro-Barriere verteilen sich Basis, Sport, Rally und eben die FTR-R

Das Premium Angebot trägt den holprigsten Namen – und doch haben die Buchstaben „C-A-R-B-O-N“ die Eigenschaften eines Zauberwortes übernommen. Der edle Werkstoff suggeriert ungebrochen einen immensen Dynamikschub und ist so etwas wie der Glitter der Motorradwelt. Leicht, schön, edel und ja, teuer – haben will! Die milde Anfrage nach einem Testbike ist die logische Konsequenz. Schließlich ist es journalistische Grundaufgabe zu bewerten, ob das vom Hersteller ausgelobte Produktversprechen eingehalten wird. 

Begutachtung aus dem Stand

Vor dem Tanz mit der R-Carbon steht also zunächst der Rundgang ums Material an. Spannend – rein äußerlich drängen sich neben dem silbermatten Räderwerk vor allem die funkelnden Öhlins-Federelemente in den Vordergrund. Die Ware aus Schweden mit markant güldener Strahlkraft ist dem Topmodell vorbehalten. Zwar sind die Komponenten heutzutage weit häufiger an Motorrädern zu bestaunen, am Faktor der Begehrlichkeit ändert das jedoch nichts. Das Fahrwerk geht hier den konservativen Weg und kommt ohne elektronische Regelung aus. Dass sich die Vorspannung der Feder als auch die Ein- und Ausfedergeschwindigkeit der Dämpfung regulieren lassen, ist in dieser Qualitätsklasse selbstverständlich. 

Erst beim Abstand im Zentimeter-Bereich zur Ware aus dem Indian-Drugstore wird der Fetisch für den geliebten Werkstoff bedient. Auf Platz eins die Tanga-knappe Lampenmaske. Sie dekoriert die LED-Rundfunzel absolut überzeugend. Indian hat sich für einen etablierten Lieferanten entschieden. Verarbeitung und Anmutung sind weit weg von Rudis Resterampe. Gleiches gilt für die flächenmäßig überlegenen Tankspoiler. Der kürzeste Ausdruck, der sich anbietet: top. Auch der vordere Kotflügel überzeugt, erst beim dritten Blick wird der Carbon-Hitzeschutz am Krümmer-Doppelpack wohlwollend abgenickt. Das namensgebende Ornat hat es aber auch nicht leicht. De facto ist die FTR Indian auch ohne Carbonisierung ein wirklich schön gemachtes Kraftrad. Gepfuscht ist hier nichts. 

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    Foto: MO Motorrad Magazin Edler Graphics
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    Foto: MO Motorrad Magazin Edler Graphics
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    Foto: MO Motorrad Magazin Edler Graphics
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    Foto: MO Motorrad Magazin Edler Graphics
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    Foto: MO Motorrad Magazin Edler Graphics
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    Foto: MO Motorrad Magazin Edler Graphics
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    Foto: MO Motorrad Magazin Edler Graphics

Begutachtung aus dem Sattel

Mit der FTR kennen wir uns grundsätzlich aus. 2020 lief das Ami-Bike eine ganze Saison im MO-Fuhrpark. Abgesehen von den angesichts des Erstschusses verzeihlichen Hustenanfällen beim Kaltstart, hatte uns der Twin aus dem Stand souverän abgeholt. Auch oder vor allem mit dem schmalen 19-Zoll-Vorderrad eröffnete die Maschine ein neues Flat-Tracker-Feeling auf Aspahlt. Neben der rundum sexy Machart inspiriert damals wie heute besonders der sprudelige V-Twin. Keine Frage, ohne den schmalzigen Antrieb wäre die Indian nur die halbe Miete. Die FTR, 2019 wie 2023, lebt von dem fulminanten Kompaktmotor, der seine Leistung super willig anbietet, ohne sich aufzudrängen. Mit der verfeinerten Abstimmung steht ein echter Sahne-Motor parat. 

Die FTR kann lässig rollen, aber auch auskeilen wie ein Bronco. Am Rad kommt davon derweil nichts an. Eine tadellos applizierte Schlupfregelung hält die Fuhre im Rahmen der physikalischen Grundgesetze in der Spur. 

Der Mix aus kultiviertem und wütendem Twin ist in dieser Ausprägung so nur wenigen Geräten gegeben. Umso anhaltender das Schulterklopfen für die Schubfraktion im Hause Indian. Gearbeitet wurde für diese Saison auch in dem Bereich, der das gegenteilige Ziel maximal kontrollierter Verzögerung verfolgt. Die auch einem Superbike würdigen Brembo-Vierkolben-Monoblocker blieben in der Basis unverändert. 

Indian beteuert, über eine geänderte Abstimmung ein besseres Kontrollgefühl erreicht zu haben. Ein Rückschritt bedeutet die dezente Maßnahme nicht. Bei identischer Vehemenz agieren die Anker über eine mildere Reibpaarung nun weniger giftig. Das es den Indianern darum geht, den stürmischen Charakter ihres Sportstars an den Spitzen leicht zu stutzen, das belegt auch der Einbau einer neuen Kupplung. Die Spezifikation bringt etwas mehr „smoothness“ in den Antriebsstrang. 

Am Kern der FTR ändern die Updates genauso wenig wie die überarbeitete Infozentrale. Was ausschaut wie ein liebes Rundinstrument aus alten Tagen ist auch nichts anderes, als eines dieser neuen digitalen Wunderwerke inklusive drahtloser Verbindung zum Smartphone. Ob Sie nun beim FTR Ritt telefonieren, Musik hören oder navigieren – oder einfach nur wissen möchten, in welcher Drehzahl der große Twin gerade kurbelt, Auflösung und Kontrast des 2023er Cockpits haben sich verbessert.

Flottes Fazit - hochwertig, sportlich, relaxt, nice to have

Das ist alles wirklich gut gemacht. Aber die wahre Botschaft des Kürzels FTR lautet: Nimm mich, spann den Körper an – ohne zu verkrampfen
– und reiß’ endlich die Rolle auf! Wer das tut, der profitiert dann auch von der hochwertigsten Ausrüstung der Riege. Die R schickt intensivste Rückmeldung und rangiert damit am oberen Ende der sportlichen Hierarchie. Der Aufpreis zu anderen Varianten ist gerechtfertigt, allerdings entfachen auch die anderen FTRs, inklusive der Rally mit 19- und 18-Zoll-Rädern, die gleiche emotionale Druckwelle. Das komplett eigenständige Feeling aus hochjubelndem Ami-Twin in relaxt-sportlicher Anmutung, das bieten nur sehr wenige Krafträder. Dass für immer mehr Biker der sportiv-coole Indian-Stil zum „Must have“ wird, ist nachvollziehbar. Die edel dunkel schimmernde Carbon R fällt in die Kategorie „nice to have“.

Indian FTR 1200 R Carbon - Technische Daten:

  • Preis: 18 990 Euro plus Nebenkosten
  • Leistung: 123 PS (92 kW) bei 8250/min, Drehmoment 120 Nm bei 6000/min
  • Motor: Viertakt-Zweizylinder-V-Motor, 60 Grad Zylinderwinkel, wassergekühlt. Vier Ventile pro Zylinder, dohc. Bohrung x Hub 102 x 73,6 mm, Hubraum 1203 ccm, Verdichtung 12,5. Saugrohreinspritzung, Ø 60 mm. Zwei-in-eins-inzwei-Abgasanlage. Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Endantrieb über Kette
  • Fahrwerk: Stahl-Gitterrohrrahmen mit angeschraubtem Heckteil aus Leichtmetallguss. Vorn Öhlins-Upside-downTelegabel, Ø 43 mm, voll einstellbar, Federweg 120 mm. Hinten Stahl-Zweiarmschwinge mit direkt angelenktem Öhlins-Federbein, voll einstellbar, Federweg 120 mm. Leichtmetall-Gussräder, schlauchlos. Bereifung vorn 120/70ZR17, hinten 180/55ZR17. Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Bremszange, Scheibenbremse hinten, Ø 260 mm, Zweikolben-Bremszange. Radstand 1524 mm, Lenkkopfwinkel 25,3 Grad, Nachlauf 99,9 mm,
    Sitzhöhe 817 mm. Tankinhalt 13 Liter, Gewicht vollgetankt 235 kg, zulässiges Gesamtgewicht 430 kg
  • Grundausstattung: TFT-Rundinstrument, Tempomat, LED-Scheinwerfer. Drei Fahrmodi, Schlupfregelung. WheelieKontrolle. Tempomat. ABS, schräglagenoptimiert. LC-Touchscreen-Display, Bluetooth-Anbindung, USB-Schnellladeanschluss. Doppelrohr-Enschalldämpfer. Einstellbare Handhebel. Zweisitzer. Lampenmaske, Hitzeschutz, Kotflügel, Kettenschutz und Tankspoiler aus Karbon
  • Garantie und Service: Zwei Jahre Garantie. Inspektion bei 800 km, 4000 km, dann alle 8000 km

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